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 23.04.2017

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Der beste Schritt meines Lebens

 

Wie ein deutscher Oberligaspieler Profi in der MLS wurde

»Der beste Schritt meines Lebens«

Vor drei Jahren kickte Fabian Herbers noch in der Oberliga Niederrhein, heute spielt er in der MLS mit Philadelphia Union gegen Pirlo und Co. Wie hat er das denn geschafft?

 

 

imago

Fabian Herbers, haben Sie Flugangst?
Im Gegenteil. Ich liebe es zu fliegen. Früher wollte ich immer Pilot werden.

Dann können Sie sich ja häufig freuen, oder?
Bis auf einige Orte wie Washington D.C., Boston oder New York, zu denen wir mit dem Bus fahren, werden alle anderen Orte angeflogen. Von daher freue ich mich natürlich, auch wenn es mitunter etwas stressig sein kann. Immerhin müssen wir zu einigen Auswärtsspielen durch mehrere Zeitzonen fliegen. 

Vor nicht Mal drei Jahren ging es für Sie in der Oberliga Niederrhein per Bus zu Auswärtsspielen nach Uedesheim oder Hamborn. Wie kam es im Sommer 2013 zu dem Wechsel in die USA?
Ich war zu der Zeit in der 13. Klasse und machte mein Abitur. Die Schule war mir extrem wichtig, deswegen habe ich nicht höher als Oberliga gespielt. Kurz vor dem Abschluss habe ich mir dann die Frage gestellt, wie es weitergehen soll. Ich wollte auf jeden Fall studieren, habe den Fußball aber auch geliebt. In Deutschland lässt sich beides zusammen schwierig vereinbaren, da schon ab der Regionalliga täglich trainiert wird.

Weshalb Sie andere Optionen geprüft haben?
In den USA gibt es das College-System, über das man den professionellen Sport perfekt mit der Universität verbinden kann. Ich habe mich über das Internet und verschiedene Agenturen schlau gemacht und gemerkt, dass das eine sehr lukrative Sache ist. Ich habe gedacht: Warum probierst du es nicht einfach in den USA? Ich ging also an die Creighton University in Omaha, Nebraska. Es war wahrscheinlich die beste Entscheidung meines Lebens.

Wie verlief es zu Beginn in den USA?
Anfangs gab es ständige Auf und Abs. Ich habe ungefähr ein halbes Jahr gebraucht, um mich an die neue Umgebung und die Abläufe zu gewöhnen. Ich hatte Englisch zwar als Fach in der Schule, aber ich musste mich natürlich erst mal an den täglichen Umgang mit der Sprache gewöhnen. Das war gerade in der Universität nicht einfach. Auch die amerikanische Kultur und die Lebenseise waren mir zu Beginn etwas fremd.

Hat sich das auch auf den Fußball übertragen?
Die erste Saison lief zwar nicht schlecht, aber auch nicht übermäßig gut. In der zweiten Saison konnte ich dann aber auf mich aufmerksam machen, weil ich zehn Tore geschossen habe und auf acht Assists kam. Wir konnten uns mit dem Team für das nationale College-Turnier qualifizieren, was großen Medienrummel bedeutete. Da habe ich dann das erste Mal gemerkt, dass es vielleicht für mehr reichen könnte.


War das der endgültige Durchbruch?
Ich konnte in meiner dritten und letzten College-Saison meine Werte noch mal steigern. Wir hatten eine richtig starke Mannschaft – mit die Beste im ganzen Land. Ich habe in 23 Spielen 17 Tore gemacht und 15 vorbereitet. Ich spreche jetzt viel von Statistiken, aber die haben in den USA einfach einen enorm hohen Stellenwert. Es geht oftmals weniger darum, ob man gut oder schlecht spielt, sondern mehr um die Werte. Letztlich war die dritte College-Saison ausschlaggebend dafür, dass ich mit dem MLS-Draft Ende Januar belohnt wurde.

Fabian Herbers über sein Sportstipendium

»Der Draft war einzigartig«

Konnten Sie in der Nacht vor dem Draft überhaupt schlafen?
Wir wurden einen Tag vor dem Draft nach Baltimore eingeflogen. Davor waren wir noch für ein paar Tage auf dem MLS-Combine in Florida. Hier hatten alle potenziellen Draft-Spieler die Möglichkeit, sich in drei Spielen den Vereinsvertretern zu präsentieren. In Baltimore selber ging es dann ins Hotel mit meinem deutschen Freund und Kollegen Julian Büscher, mit dem ich in meiner Jugend zusammen bei Preußen Münster gespielt hatte. Wir waren beide ziemlich aufgeregt, weil wir vorher überhaupt keine Ahnung hatten, wo es für uns hingehen würde. Ob Kanada, Kalifornien, Florida oder die Westküste – man hat wirklich nicht den blassesten Schimmer. Und weil sich innerhalb von ein paar Stunden dein komplettes Leben ändert, war die Nacht doch eher unruhig.

Hatten Sie konkrete Wünsche oder gemeinsam darüber philosophiert, wo Sie gerne landen würden?
Wir haben uns schon ein paar Gedanken gemacht und scherzhaft darüber geredet. Der Süden wäre toll, aber auch New York zog mich an. Los Angeles wäre ziemlich geil gewesen. Die Stadt ist super, das Wetter ist überragend und der Verein leistet gute Arbeit. Aber was nützt mir ein super Leben in Los Angeles, was nützt es mir Steven Gerrard kennenzulernen, wenn ich nicht spiele? Von daher waren mir die Sonne, der Süden oder faszninierende Städte letztendlich doch nicht so wichtig. Ich hoffte vielmehr, von einem Verein gedraftet zu werden, der auf mich setzt.

Sie wurden gleich in der ersten Runde des Drafts an sechster Stelle gezogen. Was ging Ihnen durch den Kopf, als Sie Ihren Namen hörten?
Wir saßen gespannt in der ersten Reihe des Publikums, und dann kam Draft-Pick Nummer Sechs. Ich war überglücklich, dass mein Name so früh fiel. Es kann auch vorkommen, dass du ewig lange auf deinen Namen warten musst. Ich habe mich dann mit ein paar Spielern, die neben mir saßen, abgeklatscht und bin nach vorne auf die Bühne.

Wie ging es dann weiter?
Ich habe direkt einen Schal meines Vereins Philadelphia Union umgehangen bekommen. Dann habe ich eine kurze Rede gehalten, mich bei meinen bisherigen Wegbegleitern bedankt und gesagt, was ich mir von diesem Pick erhoffe. Unmittelbar nach meinem Auftritt auf der Bühne kam es dann zu einem regelrechten Interview-Marathon mit verschiedensten Medien. Ein sehr verrückter Tag. Trotzdem bin ich sehr froh, das alles mitgemacht zu haben. Der Draft war ein einzigartiges Erlebnis. 


Der Draft ist etwas typisch Nordamerikanisches. Worin sehen Sie allgemein die Vorteile des nordamerikanischen Sportsystems, was dem europäischen kaum ähnelt?
Der Vorteil ist, dass in den USA weniger Wert auf Akademien gelegt wird. Du spielst also nicht für Vereine, sondern für Colleges. Dadurch kann man nebenbei einen schulischen Abschluss machen. Falls der Sprung in den Profisport verpasst wird, hat man immer noch den Abschluss, der einen für diesen Fall absichert. In Deutschland ist es bei vielen Spielern der zweiten, dritten oder vierten Liga so, dass sie meist nur einen Real- oder Hauptschulabschluss haben. Das bereitet dann Probleme, wenn die Karriere mit Ende 30 vorbei ist. Da ist das amerikanische Sportsystem deutlich besser aufgestellt.

Wie sehen Sie die Entwicklung des Fußballs in den USA?
Es wird schwer in Zukunft die traditionellen Sportarten wie Basketball, Baseball und American Football zu toppen. Die gibt es seit Jahrzehnten, die kann Fußball, oder »Soccer«, wie sie es nennen, nicht von heute auf morgen einfach überholen. Trotzdem spürt man, dass der Fußball am boomen ist, besonders seit der WM 2014, wo die USA ein super Turnier gespielt hat. Während der WM habe ich Urlaub in Deutschland gemacht, und als ich zurück in die USA kam, habe ich einen Unterschied gemerkt. Die Leute hatten Bock auf Fußball, wir hatten bei College-Spielen auf einmal vier- bis fünftausend Zuschauer und auch in der MLS steigen die Zuschauerzahlen seit der WM 2014 stetig an. Der Prozess braucht natürlich seine Zeit, aber es geht voran.

Sie leben jetzt seit knapp drei Monaten in Philadelphia. Wie sieht Ihr Alltag aus?
Ich wohne im Süden der Stadt in einer Wohngemeinschaft mit Keegan Rosenberry, der an dritter Stelle des Drafts gepickt wurde. Er ist Rechtsverteidiger und hat bisher alle Spiele über die kompletten 90 Minuten gespielt. Wir haben zusammen eine Wohnung, mit getrennten Schlaf- und Badezimmern. Es ist super, sich die Wohnung zu teilen, denn so kommt nach dem Training nie Langeweile auf. Man hat immer jemanden, mit dem eine Runde FIFA spielen oder andere Dinge machen kann.

»Das Spiel in New York wird geil«

Sie sind bisher in jedem MLS-Spiel eingewechselt worden. Wie bewerten Sie die aktuelle Situation?
Das Spielniveau ist natürlich deutlich höher, ich kriege nicht so viele Einsatzzeiten wie früher im College. Trotzdem bin ich froh über jede Minute, die ich spielen darf. Zumal es mir zeigt, dass die Trainer auf mich setzen und Potenzial in mir sehen. Darüber bin ich sehr glücklich, weil es auch eben viele »Draftees« gibt, die noch kein Spiel gemacht haben.

Wie schätzen Sie die Leistung Ihres Teams ein?
Wir stehen oben in der Eastern Conference, direkt hinter Montréal. Wir haben eine gute Truppe und sind super in die Saison gestartet. Uns hatten nicht viele auf der Rechnung, aber wir hoffen, so weitermachen zu können. Unser Ziel sind die Playoffs, dafür müssen wir unter die besten Sechs kommen. Das ist allemal drin.

Wie würden Sie das Niveau der MLS in Deutschland ansiedeln?
Ich würde das MLS-Niveau mit dem Niveau der zweiten Liga vergleichen.Die Bundesliga, vielleicht auch generell Europa, ist taktisch und technisch ausgeprägter. Allerdings sehe ich die MLS im physischen und athletischen Teil zumindest auf Augenhöhe mit den ersten europäischen Ligen. In der MLS gibt es ein paar Vereine, die in der Bundesliga eventuell die Klasse halten könnten. Genauso gibt es ein paar Mannschaften, die von der Qualität eher in der dritten Liga anzusiedeln sind.

Vor nicht mal drei Jahren spielten Sie auf dem Horst-Neuhoff-Sportfeld in Wuppertal vor 100 Zuschauern. Jetzt stehen Sie vor Zehntausenden Zuschauern auf dem Feld und spielen gegen ehemalige Weltfußballer. Müssen Sie sich nicht manchmal kneifen?
Es ist schon verrückt, da ich die Spieler natürlich von früher aus dem Fernsehen kenne und mit vielen der Spieler groß geworden bin. Wir haben neulich gegen Orlando gespielt, und ich durfte 30 Minuten gegen Káká spielen, das war schon toll. Letztlich ist Fußball aber ein Teamsport. Ein Individuum kann in manchen Situationen den Unterschied machen, aber nur als Team kannst du Spiele gewinnen. Vielleicht haben wir auch deswegen gegen Orlando und Káká gewonnen. Trotzdem ist es ein riesen Ding, gegen solche Spieler auf dem Platz zu stehen, auch wenn man das im Spiel selber gar nicht richtig wahrnimmt.

Gibt es denn Spiele, Spieler oder Städte auf die Sie sich in Zukunft besonders freuen?
Wir spielen kommendes Wochenende in New York. Da spielen David Villa, Frank Lampard und Andrea Pirlo. Das sind natürlich drei absolute Legenden – das wird geil. Ansonsten freue ich mich auf das Spiel gegen Los Angeles Galaxy mit Steven Gerrard.

Momentan läuft es für Sie richtig gut in den USA. Wie geht es denn in den nächsten Jahren weiter?
Ich bin in Philadelphia sehr zufrieden und weiß, dass ich es in den USA zum Profi geschafft habe. Von daher versuche ich, den Moment zu genießen. Wenn ich in fünf Jahren noch in der MLS spielen sollte, dann ist das ein guter Erfolg, der zeigt, dass ich auf diesem Niveau spielen kann. Klar gucke ich auch mit einem Auge darauf, was in Europa passiert, schließlich ist das meine Heimat. Trotzdem habe ich keinen Druck, nach Europa zu gehen. Falls dann aber doch mal ein Angebot kommen sollte, werde ich mir das anhören und darüber nachdenken.

Wann werden Sie denn das nächste Mal nach Deutschland kommen?
Der Plan ist, dass ich nach der Saison für ein paar Wochen nach Ahaus, in meine Heimat, komme. Die Saison geht von März bis Oktober, November – je nachdem wie weit wir in den Playoffs kommen. Wenn die Saison vorbei ist, freue ich mich natürlich sehr darauf, Weihnachten und die freie Zeit mit meiner Familie zu verbringen und alte Freunde wiederzusehen.

Während der letzten Besuche in Deutschland haben Sie bei der Spvgg Vreden in der Westfalenliga gespielt. In der kommenden MLS-Pause auch?
Ich habe mich während der College-Saison dort immer fitgehalten, darüber war ich sehr dankbar. Ich denke auch, dass es eine Win-Win-Situation war. Ich konnte dem Team ein bisschen helfen und konnte mich durch das Training und die Spielpraxis fithalten. Jetzt wird es natürlich schwierig. Ich bin bei Philadelphia in der MLS unter Vertrag und kann nicht mal eben so in der Westfalenliga spielen. Da muss ich mich also anderweitig fithalten.