Chancenschätzung auf Knopfdruck Sofortiges und kostenloses Feedback zu deinen Chancen auf ein Sportstipendium

 Seidlstr. 8, 80335 München, D

 +49 89 21 76 69 43

 ms@monaco-sports.com

 monaco-sports

WhatsApp Symbol

Kontaktiere uns per WhatsApp:
+49 89 21 76 69 43

 11.03.2016

Goal

Ein deutsches Trio an der Soccer-Uni

Ein College, das auf Soccer statt auf Football setzt, ist nicht selten. Drei Deutsche, die von der gleichen Uni in die MLS gedrafted werden, hingegen schon.

 

Denkt man an Sport in den USA, würde man wohl in erster Linie Football, Baseball, Basketball oder Eishockey aufzählen. Fußball als der vielleicht populärste Sport der Welt kommt in Gedankenspielen zum Land der unbegrenzten Möglichkeiten erst an fünfter Stelle - wenn überhaupt. Die Entwicklung der Major League Soccer in den letzten Jahren zeigt aber einen deutlichen Aufwärtstrend. Nicht nur Stars verbringen ihren Spätherbst in Nordamerika, auch das landesweite Nachwuchssystem an den Universitäten bietet jungen Kickern die Möglichkeit, im Profigeschäft Fuß zu fassen. Für Fabian Herbers (Philadelphia Union), Timo Pitter (FC Dallas) und Vincent Keller (Chicago Fire) war die Creighton University in Nebraska das Sprungbrett. Unter dem deutschen Trainer Elmar Bolowich spielte sich das Trio auf die Wunschzettel der MLS-Klubs.
 
Goal sprach exklusiv mit ihnen über die Zeit am College und die ersten Erfahrungen in ihren neuen Klubs. Über eine Agentur für Sportstipendien ließen sich Herbers, Pitter und Keller in die USA vermitteln - mit Erfolg. Bolowich lotste sie nach Creighton, ein College in der Stadt Omaha, mitten in den USA, allerdings ohne Football-, Baseball- oder Eishockey-Team. "Wir waren keine große Uni und bei uns war Basketball sehr populär", so Herbers, der gleich den Stellenwert des Soccer einordnet: "Zum Basketball kamen 18.000 Zuschauer im Schnitt. Mit Fußball waren wir der zweitgrößte Sport - wir hatten drei bis viertausend Zuschauer bei den Heimspielen. So viele Fans kommen in Deutschland in der Regionalliga. Das war schon eine gute Atmosphäre."
 
Der 22-jährige Angreifer studiert International Business, wurde aber von der MLS bereits nach seinem zweiten College-Jahr unter Vertrag genommen. Trotz des Zwei-Jahres-Vertrags ist seine Zeit als Student nicht vorbei. Drei Semester stehen aus und die Liga ermöglicht es ihm, seinen Abschluss über Online-Kurse zu machen. Dieser gebe ihm eine gewisse Sicherheit, so Herbers, der das Ziel nicht aus den Augen verloren hat: "Ich habe von der MLS eine Garantie bekommen, dass ich meinen Abschluss bis 2026 machen kann. Die Liga übernimmt die Kosten. Das werde ich auf jeden Fall machen."
 
"Das System ist komplett anders Sport genießt auf dem College übrigens einen enormen Stellenwert. "Die Uni-Mannschaften in Deutschland sind für die Freizeit gedacht. In den USA ist das alles sehr professionell aufgezogen", erklärt Pitter. Das bringt Vorzüge und Pflichten mit sich: "Tägliches Training, professionelle Verpflegung, gute Trainingsanlagen - wenn ich in Deutschland erzähle, dass ich am College spiele, schmunzeln die meisten erst mal. In den USA haben die Teams einen richtig guten Status. Das System ist einfach komplett anders aufgebaut." Jugendakademien haben zwar mittlerweile die meisten Klubs der MLS, doch das College-System ist etablierter und bringt aktuell noch die größeren Talente hervor. Der Aufwand, den die Universität für ihre sportlichen Repräsentanten betreibt ist enorm, teilweise den regionalen Gegebenheiten geschuldet. Auswärtsspiele lassen sich vom weitläufigen Bundesstaat Nebraska aus am einfachsten per Flugzeug erreichen und Hotels der gehobenen Klasse gehören da fast zum Selbstverständnis. Mit dabei ist dann oft ein Lehrer, der den Studenten als Lernhilfe dient und bei der Prüfungsvorbereitung hilft.
 
 
 
Die Vernetzung von Sport und Bildung war im Falle des Creighton College immer besonders eng: "Schule und Sport in den USA zu kombinieren heißt, dass die Trainer immer in Kontakt mit den Professoren sind", so Pitter: "Und wenn es wirklich mal Probleme gibt, ist das einfacher zu kommunizieren. Da nehmen die Lehrer viel mehr Rücksicht." Dass die Spieler durch die langen Reisen automatisch Kurse verpassen, werde von den Professoren und Dozenten toleriert. Mit einem Deutschland-Trip im Sommer 2015 bereitete man sich etwa in einem Trainingslager gegen die Reserveteams vom Karlsruher SC (1:2), 1860 München (0:1), SC Freiburg (2:1) und RB Salzburg (4:2) auf die abgelaufene Saison vor und hinterließ einen bleibenden Eindruck. "Wir haben da viel Lob eingeheimst", gesteht Coach Bolowich und ergänzt: "Die Spiele selbst haben den Jungs viel abverlangt, denn sie wollten sich gut verkaufen. Das ist uns gelungen."
 
Deutsche dominieren bei den Bluejays: Ein deutscher Trainer, Herbers als Top-Scorer, Pitter als Flügelflitzer und Defensivspezialist Keller als Kapitän waren in den vergangenen zwei Jahren die Stützen. Das Duo Herbers/Pitter kam zusammen auf 25 Tore und 22 Assists in 23 Partien der Regular Season (ohne College Cup - siehe Box). Dazu lieferte Keller noch vier Vorlagen. "Fabian und ich waren beide offensiv aufgestellt und hatten einfach ein gutes Verständnis", so Pitter. Mit vier Niederlagen sowie 19 Siegen gingen die Bluejays (Blauhäher) in die Landesmeisterschaften, mussten sich aber im Viertelfinale nach Verlängerung den Akron Zips geschlagen geben. Ein herber Rückschlag für das gesamte Team, das beim College Cup die Meisterschaft fest anvisiert hatte. "Wir hatten den Kader dafür, speziell mit meinen drei Deutschen", erläuterte Bolowich, "aber Vincent Keller hat sich gegen Saisonende verletzt und war nicht bei hundert Prozent. Das hat uns zurückgeworfen."
 
Mit Felix Kollmanthaler stand sogar ein vierter Landsmann im Kader. Er kam als Freshman in seinem ersten Studienjahr aber lediglich auf ein paar Kurzeinsätze. Für diesen und andere Wechsel verantwortlich war Bolowich, der selbst vor einigen Jahren als Trainer in Deutschland arbeitete und das Nachwuchssystem daher bestens kennt. Herbers glaubt, dass die taktische und technische Erfahrung ausschlaggebend sind, deutsche Spieler an die Uni zu locken: "Am College ist eigentlich viel auf Physis und Athletik ausgerichtet. Im Kraftraum waren alle super und konnten viel rennen, aber manchmal fehlt da das Feingefühl mit dem Ball." Bolowich selbst weiß, dass seine Herkunft ein echtes Pfund in Sachen Überzeugungsarbeit sein kann: "Da ist dann eine Vertrauensbasis vorhanden, wenn die Spieler wissen, dass ich mich auskenne im deutschen Fußball und ihnen das College richtig erklären kann." Er setzt weiterhin auf deutsche Nachwuchsspieler. Vor Beginn des Semesters begibt er sich auf Europareise und führt Gespräche mit potenziellen Stipendiaten.
 
Die Auswahl beschränkt sich dabei nicht nur auf die fußballerischen Fähigkeiten, wie der gebürtige Edenkobener verrät: "Das akademische Profil muss ebenso passen. Der Charakter ist allerdings das Entscheidende - ich lege großen Wert drauf. Das Spielerische ist zweitrangig. Wenn der Charakter nicht stimmt, kann der Spieler noch so gut sein - den will ich nicht haben." Zwischen Nowitzki und Meisterschaftsambitionen Bei den drei Deutschen stimmte das Menschliche. Über Creighton ging es in den MLS Super Draft, in dem die Vereine die besten College-Akteure auswählen können. Für Herbers war nach seinem Vorvertrag sicher, dass sich ein MLS-Klub den ehemaligen Münsteraner schnappen würde. Pitter galt ebenfalls als sicherer Kandidat, immerhin stand der Linksfuß nach der Saison wie sein Sturmpartner als All-American in der Landesauswahl der besten College-Spieler.
 
Nachdem Dallas ihn draftete, musste sich Pitter erst in der Vorbereitung beweisen, erzielte dort aber in den letzten drei Testspielen drei Treffer und erhielt auch einen Zwei-Jahres-Kontrakt. Zur Unterschrift gab es ein kleines Bonbon für den Mann aus Oberschwarzach. Am gleichen Tag durfte er Dallas-Mavericks-Ikone Dirk Nowitzki treffen, der ihm gleich ein paar Ratschläge mit auf den Weg gab: "Er hat mir erzählt, wie es in seinem Rookie-Jahr bei den Mavericks war", verrät Pitter: "Er hat mir geraten, dass ich hart arbeiten und mich durchbeißen soll." Obwohl Pitter vor dem Treffen mit dem erfolgreichsten deutschen Basketballer aller Zeiten mächtig nervös war, konnten Geschichten über den gemeinsamen Heimatort das Eis brechen. Mit ihm und Nowitzki hat der 1.400-Seelenort Oberschwarzach nun zwei deutsche Exportschlager in Dallas geparkt. Und die Ambitionen beim FC Dallas sind nicht viel geringer als bei den Mavericks: "Bei uns ist die klare Vorgabe, die Meisterschaft zu gewinnen", verdeutlichte der gebürtige Schweinfurter das Saisonziel unter Trainer Oscar Pareja. Im letzten Jahr scheiterte man nur knapp im Halbfinale gegen den späteren Champion Portland Timbers - diesmal will Dallas voll angreifen.
 
Seinen ehemaligen Trainer würde es zumindest freuen, würde sein Schützling noch in den USA bleiben: "Vincent wird unterbewertet. Das ist ein richtiger Leader, der immer hundert Prozent gibt. Er ist einfach wichtig für die Moral einer Mannschaft, weil jeder sieht, dass er sich verbessern will und die anderen mitreißt. Aber ausländische Defensivakteure haben es immer schwieriger; auf diesen Positionen muss man deutlich stärker sein als ein Amerikaner." Den Sprung in die MLS hätte der ehemalige Trainer jedem der Drei zugetraut, da sie ihn nicht nur sportlich überzeugt haben. "Akademisch waren alle drei All-Americans. Also sportliche und schulische Leistungen zusammengefasst, waren sie auf dem höchsten Niveau", erklärte Bolowich. Dass sich "Arbeitstier" Timo Pitter und Torjäger Fabian Herbers in der Liga halten werden, davon ist Bolowich überzeugt.
 
Durch harte Arbeit erarbeite man sich den Respekt der Amerikaner - eine Eigenschaft, die er ihnen attestieren würde. Man darf gespannt sein, wo der Weg des Creighton-Trios in den kommenden Jahren noch hinführen wird. Für Vincent Keller endete das Abenteuer MLS schon vor Saisonbeginn. Der Draft-Pick spielte eine überzeugende Vorbereitung, doch Chicago Fire konnte ihm aufgrund eines MLS-Statuts keinen Vertrag anbieten. Denn jeder Klub in der Liga darf nur neun internationale Spieler beschäftigen und diese Plätze waren bei Chicago bereits verplant. Ein Wechsel zu einem anderen Verein ist nicht unmöglich, die Wahrscheinlichkeit in die zweite US-Liga (USL) zu wechseln, ist indes größer, da dort die Saison noch nicht begonnen hat.
 
Von Florian Bauer